Pole Dance als Mittel zum Erreichen von mehr Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeit
Pole Dance kann positive Auswirkungen auf unsere Psyche, vor allem auf das Selbstbewusstsein und die Selbstwirksamkeit haben. Zuerst werde ich auf das Selbstbewusstsein eingehen.
In dem Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik wird das Selbstbewusstsein als Bewusstsein von Bedeutung und Wert der eigenen Persönlichkeit verstanden – auch bekannt unter dem Begriff „Selbstwertgefühl“. In mehreren Studien konnte belegt werden, dass körperliche Aktivität einen positiven Einfluss auf das Selbstbewusstsein hat. Hinsichtlich dieser Thematik hat mich eine der Fragen von Schulz, Meyer und Langguth (2012) aus ihrem Artikel „ Körperliche Aktivität und psychische Gesundheit“ besonders interessiert (Unter folgender DOI zu finden: DOI 10.1007/s00103-011-1387-x):
Führt körperliche Aktivität zu einer positiveren Eigenwahrnehmung und erklärt dies den Zusammenhang zwischen Sport und einem verbesserten Selbstbewusstsein?
Ein Beispiel hierfür liefert die Metaanalyse von Liu, Wu und Ming (2015), in welcher deutlich wird, dass körperlicher Aktivität mit dem Selbstbewusstsein verbunden ist. (Die Studie kann unter folgender DOI gefunden werden: DOI: 10.1371 / journal.pone.0134804). Auch Spence, McGannon und Poon (2005) haben sich in einer Metaanalyse mit der Frage auseinandergesetzt, wie stark sich sportliche Aktivität auf das Selbstbewusstsein bei Erwachsenen auswirkt. Ergebnis war, dass Sport bei Erwachsenen zu einer „leichten aber signifikanten“ Verbesserung des Selbstbewusstseins führt.
Bisher haben sich nur Wenige mit Pole Dance und der Psyche auseinandergesetzt. Ich bin aufgrund eigener Erfahrung der Ansicht, dass gerade ein Sport wie Pole Dance einen enormen Einfluss auf das Selbstbewusstsein haben kann. Ich habe vor zwei Jahren mit Pole Dance begonnen und hatte ein nicht so starkes Selbstbewusstsein – Heute ist davon nichts mehr zu erkennen. Ich versuche im Folgenden zu erklären, welche Gründe diese Umwandlung in ein stärkeres Selbstbewusstsein haben kann. Pole Dance ist eine Sportart, welche sich sehr stark mit dem Körper beschäftigt. Man erlernt Figuren und Bewegungen welche durch den Körper zum Ausdruck gebracht werden. Daher setzt man sich im Pole Dance sehr stark mit dem eigenen Körper auseinander. Jede Figur und jede Bewegung findet ausschließlich durch den Einsatz deines Körpers statt. Von Training zu Training gehst du bei jeder Bewegung und Figur ins Detail um sie noch eleganter wirken zu lassen, bis diese Bewegungen zu einer Routine werden und durch das Erkennen der eigenen Eleganz und Schönheit das Selbstbewusstsein zu einem Teil von dir wird.
Ariel Janoah Dimler (2015) hat sich in seiner Masterarbeit beispielsweise mit Pole Fitness und dem positiven Körperbild auseinandergesetzt. Er konnte zeigen, dass Pole Dance ein Weg sein kann, bei welchem Frauen ein positives Körperbild aufbauen und aufrechterhalten können. Das eigene Körperbild hat einen enormen Einfluss auf das Selbstbewusstsein. Durch ein positives Körperbild wird sich ebenfalls das Selbstbewusstsein positiv verändern. Weiterhin ist Pole Dance ein Sport, bei dem oftmals Videos von sich selber gemacht werden, um bestimmte Figuren, Eingänge in Figuren oder Choreographie beurteilen zu können. Durch das Filmen wird dir verdeutlicht, was du schon geschafft hast und was dein Körper schaffen kann oder auch welchen Fortschritt du bisher erzielen konntest – eine Form positiven Feedbacks.
Power Posing für die Psyche
Weiterhin gibt es ein Indiz dafür, dass das sogenannte Power Posing einen Einfluss auf die Psyche haben kann. Elkjær Mikkelsen, Michalak, Mennin und O’Toole (2020) konnte zeigen, dass der Effekt des Körpers auf die Psyche stabil ist und unterschiedliche emotionale und verhaltensbezogene Variablen, wie Gefühle, das emotionale Gedächtnis oder die Risikobereitschaft durch das motorische System beeinflusst werden (Nachzulesen unter folgender DOI: doi: 10.1177/1745691620919358). Dies wiederum könnte einen Zusammenhang mit dem Selbstbewusstsein haben. Eine Pose, welche relativ bekannt ist, ist die sogenannte Wonder-Women-Pose. Man stellt sich gerade hin, stützt die Hände in die Hüften, nimmt die Schultern zurück, stellt die Füße hüftbreit auf und richtet den Blick geradeaus. Und? Kommt euch das bekannt vor? Ähnliches kennen wir aus dem Pole Dance. Beim einfachen Laufen um die Stange beispielsweise wird darauf geachtet, dass die Hand in die Hüfte gestützt wird, die Schultern zurückgezogen werden und der Blick geradeaus gerichtet ist. Auch bei jeder Figur wird auf die Haltung von Schulter und Kopf geachtet – Power Posing findet also dauerhaft im Pole Dance statt. Es lässt sich also vermuten, dass Pole Dance eine ähnliche Wirkung auf die Psyche wie das Power Posing hat.
Im Folgenden möchte ich mich noch mit der Selbstwirksamkeit beschäftigen. Die Selbstwirksamkeit – auch self-efficacy bezeichnet – wird in dem Lexikon für Psychologie als das Zutrauen in die eigenen Möglichkeiten und Kompetenzen, Aufgabenanforderungen gut bewältigen zu können, beschrieben.
Netz, Wu, Becker und Tenenbaum (2005) konnten in einer Metaanalyse mit gesunden älteren Erwachsenen nachweisen, dass körperliche Aktivität die stärksten Auswirkungen auf die Selbstwirksamkeit hat. Ich habe mich ausgehend von diesen Informationen gefragt, ob Pole Dance einen großen Effekt auf die Selbstwirksamkeit hat – eventuell einen größeren Effekt als andere Sportarten.
Ich dachte immer, dass ich das nicht schaffe
In der Anfangsphase oder auch jetzt noch manchmal hattet ihr eventuell das Gefühl, nicht ausreichend Fähigkeiten wie Flexibilität oder Kraft für das Pole Dance mitzubringen. Als ich mit dem Pole Dance begonnen habe, war ich weit davon entfernt in den Spagat zu kommen. Von Woche zu Woche habe ich gemerkt, wie mein Körper anfängt sich anzupassen und ich besser und besser wurde. Das hat mir natürlich noch mehr Motivation gegeben. Auch bei der Kraft ist mir schnell aufgefallen, dass diese immer mehr wurde. Zu Beginn habe ich es nicht geschafft auch nur einen Kletterzug an der der Pole zu machen. Mittlerweile ist das Klettern zu meinem Warm-Up geworden. Diese Veränderungen haben natürlich einen Einfluss vor allem auf die Selbstwirksamkeit. Zu Beginn der Sportart hatte ich eine sehr negative Einstellung in verschiedenen Lebensbereichen. Ich habe in der Uni beispielsweise oftmals gedacht, dass ich etwas nicht schaffe oder dass ich zu schlecht für bestimmte Anforderungen bin. Auch im Pole Dance habe ich anfangs die Einstellung gehabt nicht flexibel genug zu sein, zu wenig Kraft zu haben, zu alt zu sein um mit der Sportart anzufangen oder manche Figuren niemals erlernen zu können. Diese Einstellungen haben sich durch das Pole Dance in Luft aufgelöst. Durch die schnellen Erfolge und die Unterstützung der Trainerinnen ist mir bewusst geworden, was ich eigentlich schaffen kann. Ich habe den Frauenspagat auf beiden Seiten erlernt, dem Männerspagat bin ich um einiges nähergekommen und mein damaliges Training im Pole Dance ist zu meinem Warm-Up geworden. Auch Figuren, bei denen ich anfangs dachte, dass ich diese niemals erlernen werde, klappen mittlerweile. Diese Denkweise hat sich auf die anderen Bereiche meines Lebens übertragen. Ich habe gemerkt, dass ich positiver an Herausforderungen oder Aufgaben herangehe. Es ist schon mehrfach bewiesen, dass Sport einen positiven Einfluss auf die Psyche und gerade auch auf die Selbstwirksamkeit hat.
Pole Dance als positiver Teufelskreis
Aber warum hat gerade Pole Dance einen so großen Einfluss auf die Selbstwirksamkeit? Meines Erachtens liegt das daran, dass Pole Dance eine Sportart ist, in welcher man relativ schnell Erfolge wahrnehmen kann – sowohl in Kraft, Flexibilität oder auch anhand von neuen Figuren. Man kann den Erfolg direkt wahrnehmen und die Freude, etwas geschafft zu haben, beispielsweise den Handspring (welcher für viele Pole Dancer das ultimative Ziel darstellt), motiviert einen, immer weiter zu machen. Diese entfachte Motivation führt einen dazu noch mehr zu trainieren, wodurch die Erfolge sich häufen. Eine Art positiver Teufelskreis. Was unterscheidet das Pole Dance dahingehend ebenfalls von anderen Sportarten? Beim Pole Dance ist für jeden was dabei. Klappt eine Figur nicht, legst du sie für eine gewisse Zeit zur Seite, schläfst drüber und probierst zunächst was Neues aus. Die neue Figur klappt und es werden positive Gefühle ausgelöst, welche zu der oben genannten Motivation beitragen. Pole Dance ist somit eine Sportart die so vielseitig ist, dass sie jeden von uns motivieren kann und demzufolge auch zu einer stärkeren Selbstwirksamkeit verhelfen kann.